Frühling in Quarantäne

Vorgeschichte: Ostern 2004 besuchte ich zum ersten Mal das Stift Klosterneuburg. Noch während ich dort war, faßte ich den Entschluß, mein Leben grundsätzlich zu ändern und um Aufnahme in das Noviziat zu bitten. Durch diese Entscheidung bestärkt, im Geiste irgendwie verjüngt, im Herzen erfreut, kehrte ich zurück in die Heimat und summte oder sang während der gesamten Osterzeit auf Düsseldorfs sonnenwarmen, frühlingsfarbenen, straßencafelärmenden Straßen immer und immer wieder das Lied „Freu dich, du Himmelskönigin“, und zwar nicht in dieser New-Orleans-Trauermarschcombo-Geschwindigkeit, mit der manche Organisten es kleinzuhalten versuchen, sondern eher in einem Tempo, das an die Toy Dolls erinnerte. Mir ging’s einfach gut, und da mußte dieses Stück jetzt halt mitziehen. Frühling ist spätestens nach dieser Erfahrung für mich die Zeit, in der das Jahr sich entscheidet, ob es für den Rest seiner Zeit lebt oder siecht.

Eigentlicher Beitrag: Irgendwann in der Fastenzeit kommen auch die Tage, an denen das Jahr den Winterschlaf abwirft. Die Luft wird wärmer, blumiger, duftiger, voller. Die Vögel sind zurück und geben dies fleißg schon am frühen Morgen kund. Die Sonne steht zuerst mit mir auf und erhebt sich bald schon, wenn ich noch liege. Die Welt hat genug vom braun-grauen Winterpelz und hüpft in ein lebendig-farbenfrohes Kleid. All dies habe ich auch in diesem Jahr genau so erfahren.

Angesteckt von dieser Demonstration des Lebenswillens werfen in diesen Tagen, spätestens aber zu Ostern, auch die ersten Cafés in Wien ihre Tische und Stühle vor die Türe, um die Gäste zu empfangen, die sich nun leichter kleiden, heller, freier und mit für Wiener Verhältnisse freundlich-erfreuenden Mienen das erste Viertel, den ersten Verlängerten, das erste Villacher im Freien zu sich nehmen. Auf diesen doch immer zum Frühling gehörenden Anblick muß ich in diesem Jahr verzichten. Und ich stelle fest, daß mir dieses simple, kleine Detail eines großen, ganzen Jahres nicht nur fehlt, sondern mich auch mit Bauchweh in Richtung Sommer blicken läßt.

Hebe Dich hinweg, Schurkenvirus!

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